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Bericht zum Polen-Austausch 2015 in München

Wie bereits im Bericht des ersten Schulhalbjahres erwähnt, erfreut sich der Austausch mit unseren Partnern aus Kluczbork (Polen) bei den Schülerinnen und Schülern des Hannah-Arendt-Gymnasiums großer Beliebtheit. So sollten sich nach unseren Planungen im Juni dieses Jahres 32 Schülerinnen und Schüler in Deutschland wiedertreffen, um die geschlossene Freundschaft durch den Besuch der polnischen Gruppe bei uns zu vertiefen und unseren Gästen die deutsche Kultur und das Leben in unserer Heimat vorzustellen. Durch den Austausch wird somit aktiv der Prozess der europäischen Integration gefördert. Herr J. Jung hatte für den Besuch ein Programm ausgearbeitet, welches nicht nur auf unsere polnischen Gäste abgestimmt war, sondern auch den deutschen Schülerinnen und Schülern neue Perspektiven der eigenen Kultur und der Pfälzer Heimat bot.

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Konzept

Nachdem sich im Herbst die beiden Gruppen kennengelernt und eine Woche partnerschaftlich unsere gemeinsame Vergangenheit zur Zeit des Nationalsozialismus untersucht hatten, stand im Juni die Vertiefung der Freundschaft durch gemeinsame Aktivitäten im Vordergrund. Die Aktivitäten umfassten kulturelle sowie sportliche Elemente, aber auch gemeinsames Arbeiten und einprägsame Erlebnisse.

Wie bereits in Polen fand das Treffen auch in Deutschland zunächst nicht in der Heimatgemeinde statt, sondern in einer Jugendbildungsstätte, in der die Schülerinnen und Schüler die ersten Tage komplett gemeinschaftlich verbrachten. Von dort aus wurden wieder zahlreiche Exkursionen unternommen, aber auch intensiv gemeinsam die Zeit vor Ort genutzt.

Unsere Herberge, die JBS am Tower in Oberschließheim, gilt als Leuchtturm für deutsch-polnische Begegnungen. Dort setzt man auf das Konzept der Selbstverwaltung des kompletten Hauses durch die Schülerinnen und Schüler, der Gruppe wurde also von Anfang an eine hohe Verantwortung gegeben, welche sich als sehr positiv in ihrer Wirkung auf die Gruppe zeigte. Es wurden zwar zahlreiche Materialien und Unterstützungen bereitgestellt, die Gruppe hatte aber gemeinsam die Nutzung des Hauses zu organisieren und war somit mit verantwortlich für den Erfolg des Aufenthaltes. Dies umfasste neben der Versorgung mit Essen (Koch- und Spüldienste) auch im gewissen Maße die Reinhaltung des Hauses und die Gestaltung der gemeinsamen Abende (etwa durch Lagerfeuer oder Grillen). Dieses Konzept der Eigenverantwortung wurde bereits durch die Vorbereitung des Treffens in München von beiden Seiten gefördert, indem alle Schüler kleine Aufgaben (Referate, Stadtrallye, Übersetzungen) erhielten, die während der gemeinsamen Zeit genutzt wurden.

Nach einigen Tagen in München folgte dann der Besuch von Haßloch und die Erkundung unserer schönen Heimat. In den letzten beiden Tagen galt es die Lebenswelt unserer Schülerinnen und Schüler kennenzulernen, daher waren unsere polnischen Austauschschüler auch bei Gastfamilien untergebracht, sodass auch diese in gewissem Umfang die Möglichkeit hatten eigene Akzente zu setzen. Die meiste Zeit verbrachte man aber wieder zusammen bei Exkursionen.

Umsetzung

Die Anreise nach München erfolgte am Montagmorgen mit der Bahn, sodass wir gegen 13 Uhr in Oberschleißheim ankamen, wo schon unsere Partner aus Kluczbork warteten. Leider hatte sich die polnische Gruppe wenige Tage vor unserem Treffen, aufgrund von schulorganisatorischen Problemen, halbiert, was zu großem Bedauern aller Anwesenden führte.

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Unsere Herberge war zwar zwei Kilometer vom Bahnhof entfernt, aber dafür sehr idyllisch und ruhig, zwischen einem kleinen Bach und einem kaum genutzten Sportflugplatz, gelegen (abends leuchte uns die Allianzarena am Horizont). Das Haus war im sehr modernen Zustand und auch die Außenanlagen mit eigenem Fußballfeld und Teich erfreuten alle Besucher. Die Schülerinnen und Schüler waren in drei großen Gruppenzimmern untergebracht; wir hatten das ganze Haus für uns allein – die Bedingungen hätten also nicht besser sein können.

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Nachdem die Zimmer bezogen waren folgte ein erste gemeinsames Stärkung mit Pasta und Salat, welche unter einem Sonnensegel auf der riesigen Holzterrasse eingenommen wurde. Anschließend wurden wir in die Regeln des Hauses eingewiesen. Danach folgte eine Sprachanimation, sodass wir wenigstens ein paar Worte polnisch beherrschten. Der restliche Tag war geprägt von Spielen, um das erneute Kennenlernen zu erleichtern. Diese Kennenlernspiele wurden teilweise in unserer Unterkunft, teilweise im riesigen in der Nähe befindlichen Park des Schlosses durchgeführt.

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Schnell verstanden sich die beiden Gruppen wieder und Sprachhemmnisse verschwanden, sodass der spätere gemeinsame Küchendienst ohne Probleme organisiert werden konnte. Es sollte ein Grillabend werden, der allerdings aufgrund des wechselhaftzen Wetters vom Garten ins Haus verlagert wurde. Zwei Haßlocher taten sich dabei als hervorragende Grillmeister auf, sodass wir uns mit reichlich Grillgut und Salaten stärken konnten.

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Auch der zweite Tag wurde durch das wechselhafte Wetter geprägt, wodurch Teile des Programms in ihrem Ablauf umgestaltet wurden. Morgens brachen wir nach einem gemeinsamen Frühstück in die Innenstadt auf, wo wir eine bilinguale Stadtführung durch die Münchner Altstadt (Marienplatz, Frauenkirche, Odeonsplatz, Feldherrenhalle, Fünf Höfe, etc.) hatten.

 

Zum Mittag hatten wir Lunchpakete dabei und rasteten auf dem Viktualienmarkt, auf dem natürlich zusätzliche Köstlichkeiten lockten. Der Nachmittag wurde dann im Deutschen Museum verbracht, wo zahlreiche Exponate zum Anfassen und gemeinsamen Erleben von Naturwissenschaft einluden, sodass auch hier die sprachliche Barriere als Hindernis abgebaut werden konnte. Am frühen Abend konnten die Schülerinnen und Schüler dann die Stadt in Gruppen selbstständig erkunden, man traf sich erst zum gemeinsame Abendessen in Form eines bayrischen Abends in der Unterkunft wieder. Leberkäse, Obazda und Kaiserschmarrn lockten alle pünktlich an den gedeckten Tisch, sodass anschließend einer gemeinsamen Abendgestaltung der Jugendlichen nichts mehr im Wege stand.

Am dritten Tag wurde die Gruppe mit einer Führung in der Neuen Pinakothek und der Pinakothek der Moderne in die Welt der Kunst entführt. Das gemeinsame Staunen vor Kunstwerken von Picasso, van Goth oder Caspar David Friedrich verband alle Anwesenden. Die Gästeführerin hatte sechs Kunstwerke ausgewählt, die dann gemeinsam mit der Gruppe kleinschrittig analysiert wurden. Dieses Vorgehen wurde von allen Seiten gelobt und als sehr bereichernd angesehen. Während die Schülerinnen und Schüler nach der Führung noch ein wenig Zeit hatten sich selbstständig Kunstwerke anzusehen, kauften Herr Seger und Herr Jung für die Gruppe Lebensmittel ein, da ein gemeinsames Picknick im Englischen Garten folgte. Mit dem Besuch der Pinakotheken startete zudem eine Reihe von Kurzreferaten mit entsprechenden Handouts zu weiteren „Sehenswürdigkeiten“ in München, die wir uns im Verlauf des Tages „erwanderten“. Die polnische Gruppe hatte die Handouts übersetzt, sodass die Vorträge immer bilingual gehalten werden konnten. Zunächst stärkten sich alle im Englischen Garten, wo sich zeigte, dass auch „Kinder vom Land“ Angst vor Enten haben können, dafür aber jeden Fernsehstar treffsicher erkennen können ;-)

Nach der Stärkung folgte die erweiterte Stadtführung um den Altstadtbereich von München. Chinesischer Turm, die Eisbachsurfer, die Theatinerkiche und vieles wurden jeweils von einem Schüler oder einer Schülerin vorgestellt. Gegen Nachmittag war die gesamte Gruppe „fußlahm“, sie hatten aber auch eine ordentliche Strecke durch die Gassen von München hinter sich gebracht. Nach zwei Stunden Freizeit folgte dann die „Belohnung“ für die Mühen durch einen Besuch am Nockherberg, dem wohl bekanntesten deutschen Biergarten. Hier konnten in bayrischer Tradition bereits gekaufte Speisen oder vor Ort angebotene Gerichte gegessen werden. Nach einem sehr langen Tag waren wir erst gegen 23 Uhr zurück in unsere Herberge, dies hinderte aber einen großen Teil der Gruppe nicht daran diesen letzten Abend in München an einem Lagerfeuer unter Sternenhimmel ausklingen zu lassen.

Am Donnerstag wurden die Zimmer aufgeräumt und nach einem reichhaltigen Frühstück packten wir uns Lunchpakete und verließen die Jugendbegegnungsstätte Schleißheim. Nachdem das Gepäck im Bahnhof eingeschlossen wurde, begab sich die Gruppe ins neue NS-Dokumentationszentrum am Platz des Braunen Hauses, der ehemaligen Parteizentrale der NSDAP. Hier konnten die Schülerinnen und Schüler mit interaktiven Audioguides (auch auf polnisch) anhand von zahlreichen Exponaten auf vier Stockwerken die Entstehung und das Wirken der NSDAP selbstständig nachverfolgen. Im Anschluss wurde eine Mittagspause gemacht, bevor wir gemeinsam mit dem Zug nach Tutzing fuhren, um den heißen Temperaturen in der Stadt durch ein Bad im Starnberger See bei bestem Alpenpanorama zu entkommen.

Auch wenn das Südbad kein Erlebnisbad war, genossen alle Anwesenden die Ruhe und das beeindruckende Panorama, sodass sich die Gruppe nach zwei Stunden sogar noch für eine Verlängerung des Aufenthaltes am See entschied. Gegen frühen Abend kehrten wir dann zurück nach München, damit wir uns noch kurz in der Nähe des Bahnhofes stärken konnten, bevor es mit dem ICE zurück in die Heimat ging, wo wir gegen 23 Uhr ankamen.

Der Freitag begann in unserer Schule. Wir stellten den Austauschschülern unsere Schule (Gebäude, Konzepte, etc.) vor und in der großen Pause konnten auch ehemalige „Polenfahrer“ begrüßt werden. Am frühen Mittag brachen wir dann zum Hambacher Schloss auf, um allen einen Panoramablick über die schöne Weinstraße zu ermöglichen und diesen zentralen historischen Ort für die Geschichte Deutschlands vorzustellen. Dies war natürlich wieder mit Vorträgen der Schüler verbunden. Eine geplante Wanderung zum Zeter Berghaus wurde zugunsten des Besuches im Holidaypark „verkürzt“, sodass der Nachmittag gemeinschaftlich mit andreanalingeschwängerten Aktivitäten verbracht wurde. Der Abend gehörte dann den Familien.

Am Samstag besuchte alle gemeinsam Speyer und erkundeten die Stadt mit einer von einigen Schülerinnen ausgearbeiteten Stadtrallye, welche die Gruppe zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt und deren Geschichte führte. Am Mittag gab es dann ein Pizzapicknick am Rhein, wo auch die Siegerehrung der Stadtrallye erfolgte. Anschließend konnten die Schülerinnen und Schüler kurz selbständig die Stadt erkunden, bevor wir für einen gemeinsamen letzten Blick über die Stadt auf das Altpörtel stiegen. Hier flossen dann auch erste Tränen, als Herr Seger mit einigen Abschlussworten die letzten Jahre der Partnerschaft Revue passieren ließ und sich von der polnischen Gruppe verabschiedete. Kurze Zeit später waren wir dann auch alle am Bahnhof in Haßloch und es folgte – wie eigentlich bei jedem Treffen – eine große Verabschiedungsrunde mit noch mehr Tränen und letzten Fotos. Es zeigte sich in dieser gemeinsamen Woche erneut, dass sprachliche Barrieren in kürzester Zeit überwunden werden und die Schülerinnen und Schüler sehr schnell eine enge Beziehung zu den Austauschpartnern aufbauen, die auch in den meisten Fällen wohl über diese beiden Treffen hinaus bestehen bleiben. Die „fremde Nation“ im Osten unserer Grenzen ist durch diesen Austausch auf wundersame Weise den Schülerinnen und Schülern ein großes Stück näher gekommen. Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass die Woche für alle Jugendlichen nicht nur auf vielfältige Weise bereichernd war und in fester Erinnerung bleiben wird, sondern auch die Verbundenheit für ein gemeinsames Europa nachhaltig gefördert hat.

Autor: Julius Jung