Bert Brecht - ein möglicher Namensgeber für das Gymnasium Haßloch
Für jeden Kandidaten der Endauswahl gab es einen Vertreter, der über Leben und Werk informierte. Bertolt Brecht wurde vom renommierten Forscher Prof. Dr. Jan Knopf vorgestellt. In der Festschrift 2001 schrieb unser Schulleiter Herr Seger einen Text über den Kandidaten Bert Brecht, der nachfolgend zu lesen ist:
An einer Stelle dieser Schrift ist zu lesen, dass Bert Brecht mit Gongschlag verabschieden worden sei. So war es. In der Tat ertönte in dem Augenblick, in dem Herr Jung als Leiter der Auszählungskommission mitteilte, dass in der ersten Abstimmungsrunde der Gesamtkonferenz Bert Brecht nicht die nötige Mehrheit bekommen habe, um in die nächste Runde weiter zukommen, der Schulgong. Bert Brecht war damit ausgeschieden.
Im Vorfeld der Abstimmung war mehrfach zu hören, dass der Schulleiter den Namen "Bert Brecht" favorisiere, dass der vom Schulleiter zum Hearing als Referent engagierte Literaturwissenschaftler Prof. Knopf besonders teuer gewesen sei. Zu hören war auch, dass der Schulleiter in seiner eigenen Abiturprüfung im Fach Deutsch über Bert Brecht geprüft worden sei, und dass derselbe am Gymnasium Haßloch anläßlich des hundertsten Geburtstages von Bert Brecht eine Brecht-Nacht organisiert habe. Einiges von dem, was zu hören war, ist richtig.
In einer Diskussion mit einer Kollegin war zu vernehmen, dass es für eine Namensgebung Bert-Brecht Gymnasium entweder zu spät sei - die Kollegin spielte dabei auf eine Brecht-Renaissance in den 60er und 70er Jahren an - oder dass es für eine Namensgebung Bert-Brecht-Gymnasium noch zu früh sei. Viele Gesprächspartner zeigten Unverständnis dafür, dass man an Bert Brecht als den Namensgeber eines Gymnasiums denken könnte, denn er habe ja von Stalin einen Friedenspreis entgegen genommen, er habe in Ostberlin das Regime unterstützt, er sei ja vermutlich Kommunist gewesen und habe das Wertesystem des Westens bekämpft.
Prof. Jan Knopf hat darauf hingewiesen, dass Bert Brecht kein Kommunist war, dass der Preis, den er von Stalin entgegen genommen hat, an Thomas Mann vergeben werden sollte. Ein unkritischer Apologet der DDR-Obrigkeit war Bert Brecht sicherlich nicht, auch wenn man es ihm ermöglichte, das Berliner Ensemble zu begründen und wenn er sich an der Seite der Parteiführer der DDR zeigte, von ihnen gerühmt wurde und sich von ihnen rühmen ließ. War er es nicht, der beim Berliner Aufstand in einem Gedicht darauf hinwies, dass sich die Partei ja ein neues Volk suchen könne, wenn ihr das regierte aufständige Volk nicht passe? Zudem sollte man nicht vergessen, dass wenige Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges, in der Zeit, in der sich die Blöcke des Kalten Krieges herausbildeten, noch nicht klar erkennbar war, dass das sozialistische Modell DDR in eine Sackgasse führen würde. Die knappen Worte verwiesen auf die Möglichkeit einer intensiven Kontroverse, über die Person Bert Brecht, besonders über sein Werk, das im Mittelpunkt einer solchen Namensgebung für eine Schule stehen würde.
Eines mag an dieser Stelle auch angemerkt werden: Die Ablehnung Bert Brechts aus der Behauptung heraus, er habe Frauen angenützt, habe sein Werk von ihnen erstellen lassen, erscheint vor dem Hintergrund der Forschungslage bezüglich des Werkes von Bert Brecht (Jan Kopf verwies darauf) eher dünn. Ob Brecht tatsächlich das frauenverschlingende Monstrum war, als das er vor knapp einem Jahr im Nationaltheater Mannheim dargestellt wurde, entzieht sich unserem Urteil. Entscheiden könnten dies nur die Betroffenen.
Bert Brecht schien mir als Namensgeber für ein Gymnasium geeignet, weil er sich in seinem breiten Werk den Menschen, dem Schicksal der Menschen zugewendet hat und Hilfen geben wollte, wie sich das Leben der Menschen auf dieser Erde verbessern könnte. Im Werke Bert Brechts werden die Lebensbedingungen der kleinen Leute gezeigt. Es wird gezeigt wie diese Menschen unter Krieg, unter Missgunst, unter Gewalt leiden, wie sie sich nur mit Mühe zur Wehr setzen können, wie sie das Leben erleiden und auch wie sie Glück erleben.
Bert Brecht ruft zur Auseinandersetzung auf, zum Fragestellen, zum Hinterfragen des Gegebenen und zur Diskussion, wie das Gegebene im Sinne eines Besseren, eines für den Menschen Guten verändert werden könnte. Ich denke, dies sind Ansatzpunkte, einen Autor als Namensgeber für ein Gymnasium auszuwählen. Zudem hat Bert Brecht die dramatische Ästhetik des 20. Jahrhunderts in kaum vergleichbarer Weise bereichert, verändert und umgestaltet. Prof. Jan Knopf hat sicher zu Recht darauf hingewiesen, dass Bert Brecht in seiner Wirkung nur mit Johann Wolfgang Goethe zu vergleichen sei und zwar in Bezug auf seine literarische Wirkung und die ästhetische Diskussion seiner Zeit, aber auch der Gegenwart. Im Übrigen sei angemerkt, dass Hannah Arendt sich in vielfältiger Form mit dem Werk von Bert Brecht auseinandergesetzt hat, und dass es durchaus hilfreich sein könnte, in den künftigen Leistungskursen des Deutschunterrichtes sich mit Bert Brecht aus der Perspektive Hannah Arendts auseinanderzusetzten Hannah Arendt zeugt für Bert Brecht.
Neben den theoretischen Schriften, neben der Vielzahl von Dramen hat Brecht ein breites erzählerisches Werk hinterlassen, ergänzt durch eine lebensnahe Lyrik, die jeden Leser immer wieder begeistert, gerade deswegen, weil sie lebensnah ist. Auch dies könnten Aspekte sein, Bert Brecht in schulisches Leben einzubinden, seine Sicht der Dinge zu sehen, aufzunehmen, sich damit auseinanderzusetzen, denn dies sind wesentliche Funktionen dessen, was ein Namensgeber, ein Namenspatron für eine Schule leisten könnte.
Ein weiteres Kriterium - es trifft sicherlich auf viele zu - sollte bei Bert Brecht nicht außer Acht gelassen werden. Er ist ein Kind des 20. Jahrhunderts, er hat dieses Jahrhundert der Weltkriege am eigenen Leibe erleiden müssen, er hat insbersondere die schwärzeste Phase der deutschen Geschichte erlebt und durchgelitten. Aus diesem Erleben sind für uns Nachgeborene viele seiner Werke zu verstehen, viele seiner Werke als Imperativ zu einem Guten aufzufassen.
Hier findet man weitere Informationen zur Person Bert Brecht